Donnerstag, 30. Oktober 2003
Der Pendler
Hin und her und hin und her und hin und her... Das Pendel einer Uhr tickt gleichmäßig in diesem Rhythmus. Einen ähnlichen Rhythmus hat der, der sich täglich auf das Abenteuer Arbeit einlässt und dafür ein Verkehrsmittel benötigt. Oft kommen sie zu Millionen teilweise aus über hundert Kilometer Entfernung in die deutschen Arbeitszentren. Hin und her und hin und her...Es sind die Pendler.

Während der "Autopendler" sich morgens alleine in sein Auto kauert und sich mit der täglich wiederkehrenden Blechlawine in die Großstadt ergießt, besteht der "Zugpendler" jeden Tag auf das Neue eine wahre Odyssee an "Mitmenschlichkeit". Meist klingelt der Wecker für ihn schon morgens um fünf. Nach einer kurzen Nacht stülpt er sich seine mehr oder weniger geschmackvoll zusammengestellte Arbeitskleidung über. Ein kleiner Schluck Kaffee, ein Biss in das Brot und dann aber schnell zum Bahnhof. Seine Art- und Leidensgenossen erwarten ihn hier schon. Es ist immer wieder erstaunlich, welch Massen sich zu diesen frühen Morgenstunden an den sonst eher verwaisten Bahnhöfen der Kleinstädte versammeln. Alleine oder in kleinen Grüppchen stehen sie da und warten gespannt darauf, ob der Zug heute pünktlich ist.

Schon hier zeigen sich Verhaltensmuster, die typisch für Pendler sind. Der eine sucht nach seinen Weggefährten, der andere positioniert sich tagtäglich genau an der gleichen Stelle, wieder andere wissen durch jahrelange Erfahrung genau wo sie stehen müssen, um als erstes in den Zug zu gelangen. Und das ist wichtig. Wer zu spät kommt, muss die Zugfahrt stehend bewältigen. Da bleibt dann oft nur das Zugkaffee, der Sammelplatz für Raucher, Diskutierer und Kaffeetrinker.

Die Anderen nehmen ihre teilweise "angestammten" Plätze ein, in der Hoffnung friedlich das Ziel zu erreichen. Doch hier droht auch gleich schon die nächste Herausforderung: Wer ist der Sitznachbar. Meist ist es natürlich der, der das schlechteste aller Deos aufgetragen hat und/oder soviel Platz benötigt, dass einem selbst nur noch Zentimeter des eigenen Sitzes zur Verfügung stehen.

Die meisten jedoch fallen in einen Dämmerzustand, um noch ein wenig Schlaf aufzuholen. Glücklich kann sich der Schätzen, der in seinem Abteil dann nur von den Hinweisen der nahenden Bahnhöfe gestört wird (die er sowieso schon alle kennt) Oft jedoch hat sich auf einem vierer Plätzchen ein Grüppchen versammelt, dass lautstark die Erlebnisse der letzten 24 Stunden diskutiert. Automatisch ziehen sie den Hass der Mitfahrenden auf sich. Davon lassen die sich jedoch nicht stören.

Endlich angekommen, noch mehr oder weniger im Dämmerzustand, mischt man sich dann auf dem Zielbahnhof unter die anderen Pendler, die aus anderen, im Minutentakt ankommenden Zügen quellen. Hier ist plötzlich höchste Konzentration gefragt, um seinem Mitpendler nicht in die Hachsen zu treten. Wehe dem der hier den Pendlerrhythmus nicht kennt.

Endlich am Arbeitsplatz angekommen hat man dann das Gefühl, bereits einen Arbeitstag hinter sich zu haben. Jetzt hat der Pendler acht Stunden Zeit, sich für den Heimweg auszuruhen. Wäre hier nicht die Wirtschaft gefragt, die das Pendelleben mit ihren Produkten nicht ein wenig aufhellen könnte?
Wieso eigentlich nicht

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